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GVP-Mitglieder berichten, wie Sie erfolgreich Menschen mit Behinderung (MmB) in ihrem Unternehmen beschäftigen.
Für Sylvia Weis, Geschäftsführerin der B&W Personal Leipzig GbR, ist es die Sparte der Alleingelassenen: Wer in Deutschland behindert ist und einen Job oder einen Ausbildungsplatz sucht, kämpft oftmals einen einsamen Kampf: „Als ich einen Ausbildungsplatz gesucht habe, wurden mir viele Steine in den Weg gelegt. Ich habe über 200 Bewerbungen geschrieben, wurde eingeladen und dann immer abgelehnt“, erinnert sich die 36-Jährige, die durch einen Geburtsfehler selbst gehandicapt ist.
Ihr Schicksal steht stellvertretend für eine Sparte Arbeitsuchender, für die Absagen zum täglich Brot gehören – und das, obwohl mittlerweile ein akuter Fachkräftemangel herrscht. Am Ende wurde Sylvia Weis in ein Heim für körperlich und geistig Behinderte abgeschoben, wo sie eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten absolvieren sollte. „Nach drei Tagen habe ich es nicht mehr ausgehalten und bin regelrecht geflüchtet“, blickt die alleinerziehende Mutter eines sechsjährigen Sohnes zurück.
Ihr letzte Hoffnung: Das Personaldienstleistungsunternehmen Stegmann Personal suchte damals eine Auszubildende. Mit 16 Jahren führte Weis im Jahr 2004 das Gespräch und machte darin klar, „dass das meine letzte Chance ist.“ Stegmann, Spezialist in Sachen Inklusion, erkannte das Potenzial der Jugendlichen und stellte sie kurzerhand ein. „Ich war der glücklichste Mensch, dass ich diese Chance bekommen habe“, strahlt die Geschäftsführerin. Nach drei Jahren Ausbildung wurde sie übernommen und startete ihre Karriere. Nur vier Jahre später, mit 23 Jahren, übernahm sie den Standort Leipzig als Leiterin.
Sie freue sich immer noch, dass die Geschäftsführung stets ein offenes Ohr für ihre und die Belange des Teams gehabt habe: „Ich weiß, wie schwer es ist, wenn man abgestempelt wird“, betont Weis. Nach der Mutterzeit wechselte sie zu einem kleineren Dienstleister, bevor sie sich vor zwei Jahren gemeinsam mit Michael Braune selbstständig machte. Neben der klassischen Arbeitnehmerüberlassung bietet B&W Personal auch Personaldirektvermittlungen an. „Aktuell sind wir damit beschäftigt, die Zertifizierung für Arbeitsvermittlung zu absolvieren“, nennt sie ein weiteres geplantes Geschäftsfeld.
Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung hat das Unternehmen dabei nie aus den Augen verloren – 14,7 Prozent der externen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ein Handicap. Größte Hürde: „Bei den Kunden herrscht sehr große Unsicherheit, weil sie nicht wissen, wie das Thema Inklusion anzugehen ist und deshalb Angst haben“, erklärt die Expertin. „Wir sind daher nicht nur Dienstleister, sondern auch Berater.“
Vielen sei gar nicht bewusst, dass es auch jede und jeden treffen könne – da reiche eine Erkrankung oder ein Unfall und das Leben nehme beruflich eine ganz neue Wendung. „Wir beschäftigen hier auch einen Staplerfahrer, der zu 100 Prozent behindert ist“, nennt Weis ein Beispiel. Es brauche eben auch viel Überzeugungskraft, dem Kunden zu sagen: „Lass´ es uns erstmal versuchen und schauen, was geht – und nicht gleich nein sagen.“ Ein Konzept, das offenbar ankommt, wie die hohe Beschäftigungsquote bezeugt.
Doch Überzeugungsarbeit muss auch bei den Betroffenen geleistet werden, weiß die Leipzigerin: „Diese Menschen haben sich wegen ihrer Erfahrungen bei der Jobsuche oft selbst aufgegeben. Wir müssen sie dazu überzeugen, mit Leidenschaft zu arbeiten, sie dafür brennen lassen, dass sie gerne arbeiten. Das wiederum beeinflusst dann auch die Kundenentscheidung positiv“, betont Sylvia Weis: „Ich möchte das bis zur Rente machen und damit auch als Vorbild dienen“, zeichnet sie ihren geplanten Berufsweg nach.
Derzeit ist das Unternehmen hauptsächlich im technisch - gewerblichen Sparten sowie in den Bereichen Lager, Logistik und kaufmännisch unterwegs – „aber wir schauen über den Tellerrand hinaus“, kündigt die Geschäftsführerin an. Aktuell allerdings habe noch der Aufbau der Firma Priorität. Es gelte, Netzwerke zu schaffen, sich bei der Bundesagentur für Arbeit zu präsentieren und sich in die Thematiken der Kundenunternehmen einzuarbeiten. Dazu gehöre es zudem, sich etwa bei Weiterbildungsträgern vorzustellen. „Wir möchten langfristig weitere – auch interne – Einstellungen realisieren und haben dabei das Thema Inklusion immer fest mit platziert“, unterstreicht Sylvia Weis das große Kompetenzfeld im Bereich der Inklusion, das von der Wirtschaft noch immer stiefmütterlich behandelt wird.
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