#proZeitarbeit

Potenziale der Zeitarbeit nutzen

Personalarbeit für Unternehmen wird immer herausfordernder: Schwankende Nachfrage von Produkten und Dienstleistungen auf volatilen Weltmärkten, Personalausfälle aufgrund hoher Krankenstände, erfolglose Rekrutierungsversuche von gefragten Fachkräften. Personaldienstleister bieten hier verschiedenste flexible Lösungen für Personalengpässe. Doch bürokratische Hürden und eine stagnierende Wirtschaft bremsen auch die Personaldienstleistungsbranche, insbesondere die Zeitarbeit, die vielen Menschen den (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglicht. Um dieses Potenzial voll auszuschöpfen, ist ein Abbau von Bürokratie, Diskriminierungen und Regulierungen dringend erforderlich. Nur so kann die Branche ihr volles Potenzial zugunsten der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes entfalten.

Steffen Kampeter, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)

Christian Baumann, Gesamtverband der Personaldienstleister (GVP)

Antonin Finkelnburg, Bundesverband Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA)

Dr. Oliver Stettes, Institut der Deutschen Wirtschaft (IW)

Fachkräfteeinwanderung in der Zeitarbeit ohne Einschränkungen

Die Fachkräfteeinwanderung muss für die Zeitarbeit ohne Einschränkungen geöffnet werden, damit die Branche ihre Potenziale zugunsten der deutschen Wirtschaft ausschöpfen kann. Dazu muss insbesondere das Zustimmungsverbot nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ersatzlos gestrichen werden.

Hintergrund: Die Beschäftigung von Nicht-EU-Ausländern unterliegt aktuell prinzipiell gemäß § 39 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) dem Zustimmungsvorbehalt der Bundesagentur für Arbeit (BA). Im Fall der Zeitarbeit darf die Bundesagentur für Arbeit allerdings nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG grundsätzlich nicht zustimmen, so dass Fachkräfte aus Drittstaaten bis auf wenige Ausnahmen nicht in der Branche beschäftigt werden dürfen.

Dr. Oliver Stettes, Institut der Deutschen Wirtschaft (IW)

Christian Baumann, Gesamtverband der Personaldienstleister (GVP)

Ingrid Hofmann, I.K. Hofmann

Zeitarbeit bei Fördermöglichkeiten der BA mit anderen Branchen gleichstellen

Die Zeitarbeit muss bei der Gewährung von Eingliederungszuschüssen anderen Arbeitgebern gleichgestellt werden, denn sie leistet einen wichtigen Beitrag, arbeitsmarktferne Menschen beim (Wieder-)Einstieg in die Erwerbstätigkeit zu unterstützen. Um die Arbeitsmarktintegration bspw. von Geflüchteten zu fördern, sollte es eine generelle Regelung geben, nach der Personen mit geringen Deutschkenntnissen (Niveaus A1 und B1 der Sprachniveaustufen nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen) und einem Fluchthintergrund automatisch einen Anspruch auf Eingliederungszuschüsse haben, wenn sie in der Zeitarbeit beschäftigt sind.

Hintergrund: Zur Gewährung von Eingliederungszuschüssen ist der Nachweis über eine Minderleistung des Arbeitnehmers zu erbringen. Der finanzielle Nachteil, den diese mit sich bringt, tritt jedoch nach Auffassung der Bundesagentur für Arbeit überwiegend beim Entleiher (Kunden) auf und nicht beim antragstellenden Arbeitgeber (Verleiher). Daher erhalten Personaldienstleister im Rahmen der Zeitarbeit in der Regel keine Förderung, obwohl sie sowohl für Geflüchtete als auch für Langzeitarbeitslose einer der wichtigsten Partner bei der Arbeitsmarktintegration sind.

Zeitarbeit im Bauhauptgewerbe erlauben

Das Bundesverfassungsgericht hat zwar 1987 die Vereinbarkeit dieses sektoralen Verbots mit dem Grundgesetz bejaht. Inzwischen haben sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen aber derart verändert, dass viele Juristen und Juristinnen das Verbot nicht mehr für verfassungskonform und vor allem auch nicht mit der EU-Zeitarbeitsrichtlinie für vereinbar halten, die Einschränkungen enge Grenzen setzt. Deswegen muss das Überlassungsverbot im Bauhauptgewerbe gestrichen werden.

Hintergrund: Das Baugewerbe ist stark vom Fachkräftemangel betroffen. Umso realitätsfremder wirkt das aus dem Jahr 1982 stammende Verbot der Zeitarbeit im Bauhauptgewerbe (§ 1b Arbeitnehmerüberlassungsgesetz).

Christian Baumann, Gesamtverband der Personaldienstleister (GVP)

Zeitarbeit in der Fleischindustrie erlauben

Zumindest in der Fleischverarbeitung muss der Einsatz von Zeitarbeit wieder ohne weitere Auflagen ermöglicht werden, zumal die Evaluation der Bundesregierung gezeigt hat, dass das Verbot zu einer Mehrbelastung der Stammkräfte insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen der Fleischverarbeitung geführt hat.

Hintergrund: Obwohl die Zeitarbeitsbranche mit den unhaltbaren Zuständen in einigen Schlachtbetrieben und Unterkünften, die 2020 bekannt wurden, nichts zu tun hatte, wurde sie in der Fleischindustrie mit Inkrafttreten des Arbeitsschutzkontrollgesetzes stufenweise ab April 2021 verboten.

Christian Baumann, Gesamtverband der Personaldienstleister (GVP)

Keine Regulierungen von Zeitarbeit in der Pflege

Angesichts ihres geringen Anteils muss die Diskussion zur Zeitarbeit in der Pflege ein Ende haben, zumal nur durch ein Bündel an Maßnahmen wie beim Gehalt, bei verlässlichen Arbeitszeiten etc. Verbesserungen für die Pflege erzielt werden können. Dazu gehören ein wettbewerbsfähiges Gehalt, verlässliche Arbeitszeiten und insgesamt ein wertschätzender Umgang mit den Mitarbeitenden. Einschränkungen der Zeitarbeit in der Pflege sind nicht zielführend, um den Arbeitskräftemängel in der Pflege zu bekämpfen. 

Hintergrund: Für Zeitarbeit in der Pflege werden Einschränkungen bis hin zu Verboten diskutiert, obwohl der Anteil der Branche an der Gesamtbeschäftigung gering ist (Pflege: 1,7 Prozent). Solche Vorhaben bewirken keine Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen oder beim Fach- und Arbeitskräftemangel, sondern können die Situation sogar verschärfen, denn nicht einmal ein Fünftel der bei Zeitarbeitsunternehmen beschäftigten Pflegekräfte würden einen Arbeitsvertrag mit Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen schließen. 

Christian Baumann, Gesamtverband der Personaldienstleister (GVP)

Keine Regulierungen von Zeitarbeit bei der Post- und Paketzustellung

Im Kernbereich der Postzustellung (sogenannte Letzte Meile) müssen die gravierenden rechtlichen Unterschiede und Voraussetzungen von Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträgen berücksichtigt werden.

Hintergrund: Für Zeitarbeit in der Paket- und Postzustellungsbranche werden Einschränkungen bis hin zu Verboten diskutiert, obwohl der Anteil der Zeitarbeit in der Branche mit knapp 0,8 Prozent sehr gering ist. Solche Vorhaben bewirken keine Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen oder beim Fach- und Arbeitskräftemangel, sondern können die Situation sogar verschärfen.

Höchstüberlassungsdauer abschaffen

Die Höchstüberlassungsdauer (HÜD) muss abgeschafft, zumindest aber substanziell verlängert werden. Denn wie die AÜG-Evaluation der Bundesregierung festgestellt hat, kommt es durch die HÜD nicht zu verstärkten Übernahmen von Zeitarbeitskräften, wie vom Gesetzgeber beabsichtigt.

Zudem ist nach einer Analyse des GVP mindestens ein Fünftel des Beschäftigtenrückgangs in der Zeitarbeit seit dem Jahr 2017 auf die AÜG-Reform und die Einführung der Höchstüberlassungsdauer zurückzuführen, das entspricht mindestens 60.000 Beschäftigten. Die Abschaffung der Höchstüberlassungsdauer könnte Unternehmen in wirtschaftlich unsicheren Zeiten die Personalplanung erleichtern, die deutsche Wirtschaft stützen und potenziell mehrere Zehntausend Arbeitslose in Beschäftigung bringen.

Hintergrund: Die starre Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten, von der nur mit Hilfe einer komplizierten Ausnahmeregelung abgewichen werden kann, ist eine – europarechtlich durch die Zeitarbeitsrichtlinie nicht vorgesehene – Einschränkung, die insbesondere Zeitarbeitskräften schadet, die eigentlich dadurch geschützt werden sollten. Es hat sich gezeigt, dass die HÜD als gesetzlich intendierter Zwang zur Übernahme einer Zeitarbeitskraft durch den Kunden in der Praxis nicht funktioniert.

Christian Baumann, Gesamtverband der Personaldienstleister (GVP)

Kurzarbeit auch für Zeitarbeitskräfte

Angesichts multipler geopolitischer Krisen mit starken Auswirkungen auf deutsche Unternehmen, mit gleichzeitiger Transformation der deutschen Wirtschaft hin zur Klimaneutralität ist eine dauerhafte rechtliche Regelung des Kurzarbeitergeldzugangs für Zeitarbeitskräfte notwendig.

Hintergrund: Zeitarbeitskräfte zahlen wie alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in die Arbeitslosenversicherung ein. Kurzarbeitergeld (KUG) wird aus diesen Versicherungsmitteln finanziert. Es ist also eine Benachteiligung, dass Zeitarbeitskräfte grundsätzlich kein KUG erhalten können. Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigen zudem, dass in der Corona-Pandemie, als KUG-Bezug für Zeitarbeitskräfte ermöglicht wurde, mit dem Instrument verantwortungsvoll umgegangen wurde.

Ingrid Hofmann, I.K. Hofmann

Kein Eingriff in die Tarifautonomie

Tarifverträge haben eine maßgebliche Gestaltungskraft in der Zeitarbeit – zum Beispiel bei der deutlich über dem allgemeinen Mindestlohn liegenden Lohnuntergrenze, beim tarifvertraglich vereinbarten Equal Pay durch Branchenzuschlagstarifverträge und bei der Schließung der Lohnlücke zwischen Zeitarbeitskräften und Stammbeschäftigten (lt. RWI-Studie: 2,6 Prozent). Weitere gesetzliche Regularien und Eingriffe in die Tarifautonomie sind daher unverhältnismäßig.

Hintergrund: Fast 90 Prozent aller Arbeitsverhältnisse in der Zeitarbeit unterliegen den mit den DGB-Gewerkschaften geschlossenen Tarifwerken der Branche – so viele wie in keiner anderen Branche (durchschnittlich 43 Prozent aller Arbeitsverhältnisse in der Gesamtwirtschaft). 

Social Media Kit

Sie möchten sich beteiligen? Für alle, die sich an der Initiative "Zeitarbeit. Gut für die Wirtschaft" beteiligen wollen, haben wir ein Social Media Kit mit verschiedenen Grafiken und Illustrationen zusammengestellt.

Ihre Ansprechpartner

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Fabian Reichelt
Telefon: +49 30 206098-5512
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Diandra Schlitt
Telefon: +49 30 206098-5513