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Hierbei handelt es sich um einen Archivbeitrag des GVP-Vorgängerverbands „iGZ“.
Sabine Freitag
Als Referentin für iGZ-Seminare kenne ich sie gut: Die klassische Dienstreise! Und kaum wieder zuhause angekommen, wartet auch schon die Buchhaltung auf die Reisekostenabrechnung. Wenn das eigene Auto zum Einsatz kam, um den Tagungsort zu erreichen, hilft nicht selten der Routenplaner bei der Ermittlung der gefahrenen Kilometer für den Hin- und Rückweg. Aber Moment: Zählen wirklich Hin- und Rückweg? Na klar! Es war ja eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit.
Anders sieht es aus bei Fahrten von zuhause zur sog. ersten Tätigkeitsstätte. Diese Fahrten können Arbeitnehmer zwar in Höhe der Entfernungspauschale als Werbungskosten in der Steuererklärung geltend machen, allerdings nur für eine gefahrene Wegstrecke.
Soweit der Grundsatz! Aber wie ist es nun bei Zeitarbeitnehmern? Sind diese tatsächlich ständig auf Dienstreise? Selbst wenn sie von montags bis freitags regulär zum Kunden fahren und zuhause schlafen? Oder ist dann eine erste Tätigkeitsstätte am Einsatzort anzunehmen?
Zu dieser Frage hat das Finanzgericht Niedersachsen im Jahre 2020 eine Entscheidung gefällt, die etwas für Unruhe gesorgt hat. Mit Urteil vom 28.5.2020 (Az. 1 K 382/16) hat das Gericht einen Zeitarbeitnehmer dem Einsatzort beim Kunden dauerhaft zugeordnet und damit eine erste Tätigkeitsstätte angenommen. Und dies trotz unbefristetem Arbeitsverhältnis zwischen Zeitarbeitnehmer und Zeitarbeitsunternehmen und Überlassungsvorgängen, die stets auf der Grundlage von befristeten AÜ-Verträgen durchgeführt wurden. Nach dieser Ansicht des Gerichts durften die Fahrten des Zeitarbeitnehmers zum Kunden demnach nicht als Reisekosten gewertet werden.
Diese Entscheidung hat der Bundesfinanzhof (BFH) jüngst aufgehoben und erfreulicherweise klargestellt, dass bei der Frage nach dem Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte das Arbeitsverhältnis zwischen dem Zeitarbeitsunternehmen und dem Zeitarbeitnehmer maßgeblich ist. Eine dauerhafte Zuordnung zum Kunden muss nicht erfolgen, wenn der Zeitarbeitnehmer auf der Grundlage befristeter AÜ-Verträge wiederholt bei ein und demselben Kunden eingesetzt wird. Wer vor Aktenzeichen nicht zurückschreckt: Es geht um das BFH-Urteil vom 12.05.2022 – VI R 32/20. Das Finanzgericht Niedersachsen hat somit zu Unrecht den Kunden in den Fokus gerückt.
Die gute Nachricht ist, dass sich an der iGZ-Beratungspraxis zur Festlegung einer ersten Tätigkeitsstätte nichts ändern muss. Auch weiterhin empfehlen wir, wenn möglich das Zeitarbeitsunternehmen als erste Tätigkeitsstätte festzulegen. Eine solche Festlegung durch den Arbeitgeber geht vor, insbesondere einer gesetzlichen Fiktion. Fahrten zu anderen Tätigkeitsstätten als dem Zeitarbeitsunternehmen können dann als Auswärtstätigkeit gewertet werden.
Dass der Arbeitnehmer nicht den qualitativen Schwerpunkt seiner Tätigkeit am Ort der ersten Tätigkeitsstätte erbringen muss, wiederholt der BFH im aktuellen Urteil. Es reicht, wenn der Zeitarbeitnehmer beim Zeitarbeitsunternehmen vor Ort zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten ausübt, die zu dem Berufsbild des Zeitarbeitnehmers gehören.
Sie führen Schulungen, Einsatzbesprechungen bzw. Einsatzzuweisungen und Jahresgespräche bisher nicht in den Räumlichkeiten des Zeitarbeitsunternehmens durch? Dann sollten Sie dies zukünftig ändern. Reicht der Zeitarbeitnehmer dann noch persönlich Tätigkeitsnachweise und Stundenzettel beim Zeitarbeitsunternehmen ein, steht der arbeitgeberseitigen Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte am Ort des Zeitarbeitsunternehmens aus meiner Sicht nichts mehr im Wege!
Und selbst wenn die Kriterien zur Festlegung des Zeitarbeitsunternehmens als erste Tätigkeitsstätte nicht erfüllt sind, dürfen Zeitarbeitnehmer nach dem BFH-Urteil auf Fahrtkostenerstattungen nach dem Reisekostenrecht hoffen. Wenn weder beim Zeitarbeitsunternehmen noch beim Kunden eine erste Tätigkeitsstätte anzunehmen ist, sind jegliche Fahrten zu Tätigkeitsstätten grundsätzlich als Auswärtstätigkeit zu werten. Entstandene Aufwendungen insbesondere in Form von Fahrtkosten können dann im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben steuerfrei erstattet werden, es sei denn, die Arbeitsvertragsparteien haben abweichende Vereinbarungen zur Fahrtkostenerstattung getroffen.
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