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Hierbei handelt es sich um einen Archivbeitrag des GVP-Vorgängerverbands „BAP“.
Gesamtverband der Personaldienstleister e.V.
Wie sieht die Situation in den Niederlanden aus, welche Entwicklungen bezüglich des Arbeitskräftemangels und des Modells Zeitarbeit sind dort zu beobachten? Der niederländische Verband ABU präsentierte im Rahmen eines länderübergreifenden Erfahrungsaustauschs mit dem BAP-Verbandsbereich Internationales aktuelle Zahlen und Fakten zur Zeitarbeitsbranche in den Niederlanden. Kernthemen des fachlichen Gesprächs waren die Tarifarchitektur und deren Entwicklung, die Arbeitsmigration sowie der Arbeitskräftemangel mit Fokus auf die jeweilige länderspezifische Besonderheit.
Der Arbeitskräftemangel ist in den Niederlanden ebenfalls stark spürbar. Um diesem entgegenzuwirken, ist die Niederlande ein sehr einwanderungsfreundliches Land. Anders als in Deutschland ist die Arbeitsmigration in die Zeitarbeit aus Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union erlaubt. Jede dritte Zeitarbeitskraft ist ein Arbeitsmigrant. Die große Anzahl der Arbeitsmigranten bringt eigene Problemstellungen mit sich: So steht eine viel zu geringe Anzahl von Unterkünften zur Verfügung, erläuterte Jurriën Koops, Geschäftsführer des ABU. Die vorhandenen Unterkünfte sind oft überfüllt und in schlechtem Zustand. Eine unabhängige Stiftung habe jetzt den Auftrag, die Qualität der Unterkünfte zu kontrollieren. Laut Koops sind die Qualitätskriterien im ABU-Tarifvertrag festgelegt. Um die einmal gewonnenen Arbeitskräfte möglichst lange im Arbeitsverhältnis zu halten, gibt es einen im Tarifvertrag vereinbarten Sozialfond, welcher unter anderem eine Stiftung zur Förderung nachhaltiger Arbeitsverhältnisse finanziert. Diese Stiftung ermöglicht zum Beispiel Fortbildungen, Sprachkurse und Führungsseminare zur Vermittlung der interkulturellen Kompetenz. Die Förderung nachhaltiger Arbeitsverhältnisse hat sich positiv auf das Image der Branche ausgewirkt, so Koops weiter. Zudem positioniere sich der ABU als starker Kooperationspartner für die öffentliche Arbeitsvermittlung. Auch dies habe positive Imageeffekte.
Laut niederländischem Tarifvertrag hat der Zeitarbeitnehmer ab dem ersten Tag der Überlassung Anspruch auf das sogenannte User Pay. Das User Pay setzt sich aus zehn Elementen zusammen, die jeweils mindestens so hoch sein müssen wie das Entgelt von vergleichbaren Arbeitnehmern des Kundenunternehmens. Anders als im BAP-Tarifwerk gibt es grundsätzlich kein eigenständiges tarifliches Vergütungssystem. Während hierzulande infolge des eigenständigen tariflichen Vergütungssystems auftretende Unterschiede in der Vergütung grundsätzlich nach den ersten neun Monaten der Überlassung durch eine Equal Pay Zulage ausgeglichen werden müssen, entstehen in den Niederlanden bezüglich der zehn Elemente Entgeltabweichungen gar nicht erst.
Aktuell fordert der Sociaal-Economische Raad als wirtschaftliches Beratungsgremium des niederländischen Kabinetts die Erweiterung des User Pay auf sämtliche Entgeltelemente. Diese Erweiterung wäre für Zeitarbeitsunternehmen in ihren Abrechnungssystemen nur sehr schwer umzusetzen. Die Tarifvertragsparteien erwägen daher die Einführung eines eigenständigen tariflichen Vergütungssystems, welches als solches, abstrakt und unabhängig vom jeweiligen Einsatz die gleiche Vergütung sicherstellt. Die deutsche Tarifarchitektur steht infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zum Gesamtschutz (vergleiche hierzu das Rundschreiben BAP Recht vom 15.12.2022) vor ähnlichen Herausforderungen.
Am Ende des fachlichen Austauschs hielten beide Gesprächsparteien fest, dass die Zeitarbeitsbranchen beider Länder vor vergleichbaren Herausforderungen stehen, sei es beim Arbeitskräftemangel oder bei einer drohenden Verschärfung der Vorschriften zur gleichen Vergütung von Zeitarbeitnehmern. Bewährte Verfahren aus beiden Ländern werden künftig weiterhin ausgetauscht, um von den jeweiligen Erfahrungen zu profitieren.
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