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Alexander Schalimow Leiter Fachbereich Recht & Tarif
Im Kern behandelt das Urteil die Frage, unter welchen Voraussetzungen das in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG geregelte „Konzernprivileg“ greift. Nach dem Wortlaut der Norm muss das AÜG in weiten Teilen bei der Überlassung von Arbeitnehmern zwischen konzernverbundenen Unternehmen nicht beachtet werden, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt „und“ beschäftigt wird.
Konkret stritten ein Arbeitnehmer und ein Automobilzulieferer darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, weil der Kläger über Jahre hinweg auf dem Werksgelände des beklagten Unternehmens tätig war – angestellt war er jedoch bei der konzernverbundenen S-GmbH.
Der Kläger war von Juli 2008 bis April 2020 bei der S-GmbH als Sitzefertiger angestellt, arbeitete aber ausschließlich auf dem Werksgelände der Beklagten, einem anderen Unternehmen desselben Konzerns aus dem Bereich der Automobilzulieferbranche. Er behauptete, er sei dort wie ein Zeitarbeitnehmer eingesetzt worden, ohne dass die gesetzlichen Vorgaben des AÜG eingehalten worden seien. Insbesondere habe es keinen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und keine behördliche Erlaubnis gegeben. Daher sei ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zustande gekommen. Die Beklagte berief sich auf das Konzernprivileg des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab.
Das BAG stellte klar, dass das Konzernprivileg nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG nur dann greift, wenn der Arbeitnehmer weder zum Zweck der Überlassung eingestellt noch zum Zweck der Überlassung beschäftigt wird. Die im Gesetzestext verwendete Konjunktion „und“ beschreibe ein alternatives Verhältnis der Merkmale Einstellung und Beschäftigung. Das Konzernprivileg sei danach bereits ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer zum Zweck der Überlassung eingestellt „oder“ beschäftigt wird.
Sinn und Zweck und Systematik des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG sowie der erklärte Wille des Gesetzgebers bedingen es, das Wort „und“ als „und/oder“ auszulegen.
Entscheidend sei nicht nur der ursprüngliche Einstellungszweck, sondern auch, ob der Arbeitnehmer später (z.B. nach einer Vertragsänderung) zum Zweck der Überlassung beschäftigt wird. Wird ein Arbeitnehmer entweder bei Einstellung oder später im Arbeitsverhältnis zum Zweck der Überlassung beschäftigt, ist das Konzernprivileg ausgeschlossen und die strengen Vorgaben des AÜG gelten uneingeschränkt.
Das BAG hob das Urteil der Vorinstanz auf und verwies die Sache zurück, da das Landesarbeitsgericht Niedersachsen noch klären muss, ob tatsächlich eine Arbeitnehmerüberlassung vorlag – insbesondere, ob der Kläger in die Arbeitsorganisation der Beklagten eingegliedert war und deren Weisungen unterlag. Dies sei auch anhand einer Gesamtbetrachtung der Umstände festzustellen, wobei das BAG in dem Urteil einige Kriterien und Indizien vorgibt, die für eine Arbeitnehmerüberlassung sprechen können.
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