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Hierbei handelt es sich um einen Archivbeitrag des GVP-Vorgängerverbands „iGZ“.
Wolfram Linke
Der Bedarf ist gewaltig: Um dem zunehmenden Fachkräftemangel zu begegnen, ist eine jährliche Zuwanderungsrate von 460.000 Migranten notwendig. „Das bedeutet eine Bruttozuwanderung von 1,6 Millionen“, verdeutlichte Prof. Dr. Herbert Brücker, Leiter des Forschungsbereichs „Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung“ am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, anlässlich der Sachverständigenanhörung bei der 39. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Heimat den Bedarf, der nun durch Änderungen im Fachkräfteeinwanderungsgesetz gedeckt werden soll.
Von den Sachverständigen gab´s einiges an Kritik für den Entwurf – Dr. Nicolas Keller, stellvertretender Abteilungsleiter Arbeitsmarkt der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), beispielsweise zählte gleich drei Knackpunkte auf. Vor allem gelte es, das Beschäftigungsverbot von Drittstaatlern in der Zeitarbeitsbranche abzuschaffen. „Das Matching“, so Keller zwischen kleinen und mittleren Unternehmen und den Arbeitskräften können durch Zeitarbeit deutlich vereinfacht werden.
Auf Nachfrage von Dr. Ann-Veruschka Jurisch (FDP), Mitglied des Bundestages (MdB), wie Missbrauch per Zeitarbeit zu verhindern sei, betonte Keller, heute herrsche eine ganz andere Situation in der Branche als zu Zeiten des Verbots: „Zeitarbeitsunternehmen haben sehr viel Erfahrung im Umgang mit Migration, sie ist eine Brücke für viele andere Unternehmen.“ Zeitarbeit sei ein echter Integrationsmotor für den Arbeitsmarkt. Die Personaldienstleister, so der Sachverständige, kümmern sich um die Begleitung beispielsweise bei der Vermittlung von Sprache sowie die Eingliederung über Arbeit und in die Gesellschaft. Außerdem, so Keller, haben die Zeitarbeitgeberverbände Qualitätsstandards, die sie sich selbst gegeben haben und an denen sich die Mitgliedsunternehmen orientieren.
Das Beschäftigungsverbot ordnete Gerd Wiegel, Referatsleiter Demokratie, Migrations- und Antirassismuspolitik im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), indes ganz anders ein: Zeitarbeit sei kein gesichertes Beschäftigungsverhältnis und es drohe ein hohes Risiko für die Drittstaatler, in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse abzugleiten. Die Zufuhr von billigen Arbeitskräften solle nicht noch ausgebaut werden. Dabei sprach er auch die Westbalkanregelung an - Am 1. Januar 2021 trat in Deutschland eine Nachfolgeregelung zu Westbalkanregelung (§ 26 Abs. 2 der Beschäftigungsverordnung) in Kraft.
Damit hat die Bundesregierung erneut für Staatsangehörige der sechs Westbalkanstaaten einen privilegierten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt geschaffen. Dies gilt weiterhin für jede Art von Beschäftigung – unabhängig von einer anerkannten Qualifikation. Der Verdienst und die Beschäftigungsbedingungen dürfen nicht schlechter sein als bei einem vergleichbaren Arbeitgeber in Deutschland. Brücker antwortete: „Wir haben keinerlei Hinweise darauf, dass die Westbalkan-Regelung zu prekären Beschäftigungsfällen führt. Wir haben keine Unterschiede in der Entlohnung bei der Arbeitsaufnahme festgestellt.“
In der zweistündigen Sitzung, die von MdB Petra Pau (Die Linke) geleitet wurde, attestierten die Sachverständigen dem Entwurf zudem, dass die dort formulierten Erleichterungen für die Verwaltungen absolut nicht ausreichend seien. Steffen Sottung, Geschäftsführer Internationales – Bundesagentur für Arbeit (BA), nannte denn auch eine bessere Abstimmung der Behörden untereinander, eine konsequente Digitalisierung und die Sicherung der personellen Ausstattung – Stellen, so Sottung, müssen zur Verfügung gestellt werden – als Ziele für eine praktische Umsetzung.
Bettina Offer, LL.M., Rechtsanwältin – Offer & Mastmann Corporate Immigration, regte an, die Arbeitgeber mehr in die Verfahren einzubinden. Es gelte, die Bedürfnisse der Arbeitsstätten vermehrt in den Blick zu nehmen. „Arbeitgeber haben meist genaue Vorstellungen davon, wo sie die Fachkräfte herbekommen und welche Qualifikationen nötig sind. Die Arbeitgeber wissen sehr genau, ob eine Ausbildung gut ist“, erklärte sie ihre Intention. Man müsse sich mehr auf Arbeitgeber konzentrieren, die sich zertifizieren. Marc Biadacz MdB (CDU) stellte in diesem Zusammenhang fest, im Entwurf sei nicht geregelt, welche Behörde die Bewertung der beruflichen Qualifikation überhaupt vornehmen solle.
Datum: 22.05.2023
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