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Hierbei handelt es sich um einen Archivbeitrag des GVP-Vorgängerverbands „iGZ“.
Wolfram Linke
Auf wenig bis eher gar keine Gegenliebe stößt derzeit das Vorhaben des Bundesgesundheitsministers, Karl Lauterbach (SPD), die Zeitarbeit in der Altenpflege zu beschränken und die damit verbundene Finanzierung zu deckeln: In einem Bericht zum Thema hinterfragte die „Welt“ jetzt die Pläne der Politik, damit dem zunehmenden Fachkräftemangel und den Bedingungen in der Pflegebranche zu begegnen.
Was sich vielleicht sinnvoll anhöre, so die Welt-Autorin Kaja Klapsa, berge viele Risiken: Heimleiter erwarten einen Abbau von Pflegeplätzen – und warnen vor einer „Katastrophe“, stellte sie im Rahmen ihrer Recherche fest. Wie groß die Unzufriedenheit über den wachsenden Fachkräftemangel und in der Pflegebranche insgesamt seien, lasse sich an einem Trend während der Coronahochphase nachvollziehen, den das iGZ-Mitgliedsunternehmen „Pflegeagenten“ in Berlin festgestellt habe: „Während der Corona-Pandemie haben wir viele unzufriedene Pflegekräfte eingestellt, die in den Kliniken und Heimen verheizt wurden“, wird die Geschäftsführerin, Michaela Sommer zitiert. Diese hätten nun bessere Arbeitsbedingungen, mehr Planbarkeit und ein besseres Gehalt.
Kritik zum Einsatz von Personaldienstleistung komme vor allem von den Pflegeeinrichtungen – Zeitarbeitskräfte seien teuer, Stammmitarbeiter müssten ungeliebte Schichten übernehmen und würden dafür weniger Geld bekommen. Lauterbach wolle dem nun mit einem überarbeiteten Gesetzentwurf der Pflege Einhalt gebieten: Begrenzung auf den üblichen Tariflohn, Vermittlungskosten, die nicht mehr von den Kassen übernommen werden, und Zeitarbeitseinsatz nur bei kurzfristigen Personalausfällen und in nicht besetzbaren Stellen sollen es richten.
Im Gespräch mit der Welt fasst Thomas Knieling, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Alten- und Behindertenhilfe, den zu erwartenden Effekt zusammen. „Es ist zu befürchten, dass die Maßnahmen für die Altenpflege zum Bumerang werden – entzieht der Minister den Einrichtungen doch zunächst nur die Refinanzierung für Leiharbeit und verschlimmert damit die Personalnot.“ Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), bestätigte laut Welt, die Refinanzierungsverweigerung ermögliche den Einrichtungen keine Lösungen.
Riskante Folgen für die Versorgung prognostiziere auch Kai Kasri, Geschäftsführer zweier Seniorenhäuser im oberbayerischen Berchtesgadener Land – Zeitarbeitskräfte in Vollzeit könnten nicht mehr bezahlt werden. Mit Blick auf die Mindestpersonalvorgaben müsse die Institution dann zwei bis drei Heimplätze abbauen. Das sei unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung und der bereits jetzt extrem hohen Nachfrage nach Pflegeplätzen riskant – dann stehe man vor einer „Katastrophe“. Der jetzt schon real existierende Engpass würde sich verschärfen.
Auch der Sozialwissenschaftler und Experte für Zeitarbeit in der Pflege, Stefan Sell, spreche sich gegen eine gesetzliche Regulierung von Zeitarbeit in der Pflege aus: Lediglich gut zwei Prozent aller Pflegekräfte seien über Zeitarbeit in den Einrichtungen beschäftigt. Bei diesem status quo sei es vertretbar, die Privilegien der Zeitarbeitskräfte nicht anzutasten - zumal der dramatische Personalmangel durch eine solche gesetzliche Regelung sowieso erhalten bleibe und den Mangel zusätzlich verschärfen würde.
Weiteres Manko sei das Risiko der Kostenweitergabe an Pflegebedürftige und deren Angehörige: Die deutsche Stiftung Patientenschutz warne, so die Welt, die geplante Regelung gehe zulasten der Bewohner: „Das wird einen Flächenbrand bei den Pflegeheimkosten auslösen“, so Vorstand Eugen Brysch. Der Deutsche Pflegerat, Dachverband der Pflege- und Hebammenverbände, komme zu dem Schluss, dieser Vorstoß löse das Problem nicht – entscheidend sei eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Stammpersonals durch beispielsweise höhere Gehälter, ein familienfreundliches Schichtsystem und Springerpools.
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