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Hierbei handelt es sich um einen Archivbeitrag des GVP-Vorgängerverbands „iGZ“.
Es gibt Mitarbeiter, die für ihren Chef durchs Feuer gehen. Andere sehen diesen am liebsten von hinten. Ob Mitarbeiter im Unternehmen bleiben oder kündigen, hängt oft auch vom Vorgesetzten ab. Eine Peakon-Studie zur Mitarbeiterzufriedenheit zeigt, dass viele Deutsche von ihrer beruflichen Tätigkeit wenig begeistert sind. Beinahe jeder Vierte geht unmotiviert ins Büro (23 Prozent). Der Anteil ist höher als in jedem anderen untersuchten Land. Wie wichtig eine gute Personalführung zur Mitarbeiterbindung ist, beleuchten Verbandelt-Gastgeberin Sara Schwedmann und Ralf Steuer, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Personalführung, in dieser Episode.
Ein Auszug aus der Podcast-Episode:
Mein Lieblingsspruch zum Thema Führung ist ein Zitat vom deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe: „Behandle die Menschen so, als wären sie, was sie sein sollten, und du hilfst ihnen zu werden, was sie sein können.“ Haben Sie auch einen solchen Leitspruch?
Nein, aber den würde ich mir gern zu eigen machen, weil er so zeitgemäß ist und sehr gut widerspiegelt, was sich in den vergangenen Jahren in der Führung in Unternehmen verändert hat. Eine wahre Zeitenwende.
Bedeutet das, der Chef – oder die Chefin - ist aus Ihrer Erfahrung einer der wichtigsten Faktoren in der Mitarbeiterbindung?
Eindeutig ja, vor allem durch die Corona-Pandemie mit Lockdowns und Arbeiten im Homeoffice. Das hat das Arbeitsumfeld mit Blick auf Gesundheit und Zufriedenheit stark verändert und Führungskräfte spielen da die ganz entscheidende Rolle. Viele Arbeitnehmende haben die Zeit genutzt, um ihre Lebensziele zu überdenken. Die Burn-out-Quoten haben im Vergleich zu den Jahren davor deutlich zugenommen – auf über 30 Prozent im Schnitt. Das zeigt auch noch mal, wo der Druck für Führungskräfte entsteht. Und die Veranstaltungen, die bei uns am meisten nachgefragt werden, sind im dritten Jahr der Pandemie immer noch die zu den Themen New Work und Transformation der Führung. Führungskräfte sind unmittelbarer, direkter Kontakt zu den Mitarbeitenden und damit eine ganz wichtige Säule für kulturstiftende Arbeit und für Bindung. Da hängt natürlich noch viel mehr dran – wie etwa Mitarbeiterbenefits. Aber ich bin zutiefst überzeugt, dass materielle Bedingungen nicht das alleinige Merkmal sind. Führung ist ein entscheidender Hebel für Krankheitsquoten, Zufriedenheit der Mitarbeiter und Fluktuation.
Einem Gallup-Report zufolge sind Chefs und Chefinnen häufig der Grund, warum Mitarbeiter kündigen. Jeder zweite Befragte gab zu, einen Job bereits verlassen zu haben, weil man Probleme mit dem Vorgesetzten hatte. Überrascht Sie das?
Nein, überhaupt nicht. Führungskräfte sind der Schlüssel für die Attrahierung, die Anziehungskraft, eines Unternehmens. Wie authentisch, ehrlich und empathisch eine Führungskraft ist, ist zunehmend entscheidend - auch mit Blick auf die neuen Generationen Y und Z. Die erwarten auch eine ganz andere Form von offenem Feedback. Die höchste Form der Wertschätzung ist aber für mich, sich bei allem Stress Zeit zu nehmen - Zeit für echte Führung. Wir alle sind verhaftet im operativen Geschäft, manch einer versteckt sich aber auch gern dahinter.
Was macht eine gute Führungskraft ansonsten noch aus?
Führung ist nicht mehr wie in den 2000er Jahren geprägt durch Regeln, Strukturen und Ziele. Das hat sich vollkommen gedreht. Der Begriff klingt sperrig, aber es geht weg von transaktionaler hin zu transformationaler Führung, das Beziehungsmanagement von Vorgesetzten und Mitarbeitenden wird also immer wichtiger. Sich Zeit zu nehmen, zuzuhören, authentisch zu sein. Führungskräfte müssen beispielsweise klimatische Missstimmungen erkennen. Was ist los in meinem Team, wo brodelt es? Ich muss leistungsstarke Mitarbeiter identifizieren und fördern, aber auch die Arbeit gerecht verteilen, damit nicht die guten Performer alle Arbeitspakete abkriegen. Am besten als Chef mit gutem Beispiel vorangehen und in einem Teammeeting gerade bei digitaler Führung auch mal von sich selbst berichten, etwa wie schwierig es auch für einen selbst ist, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Das ist authentisch und regt an, offen zu sein. Eine gute Führungskraft ist heute vielmehr Coach, Berater und Mentor – und bringt auch eigene Ideen ein, wie sie Mitarbeiterbindung gestalten möchte.
Benötigt eine neue Art des Arbeitens und Führens auch neue gesetzliche Rahmenbedingungen? In Sachen mobiles Arbeiten bewegt sich die Regierung nur langsam.
Aus meiner Sicht ist es total richtig, dass man Hubertus Heil gestoppt hat, einen gesetzlichen Anspruch auf mobiles Arbeiten zu schaffen. Das halte ich persönlich für vollkommen überzogen. Das lässt sich auf Betriebsebene viel besser und pragmatischer lösen. Als Gesellschaft für Personalführung sehen wir ja auch, dass die Betriebsvereinbarungen heute schon vielfach vorsehen, 30 oder 40 Prozent der Arbeitszeit mobil zu arbeiten. Dazu ist es oft machbar, bis zu drei Wochen pro Jahr innerhalb oder sogar außerhalb Europas als Workation mobil zu arbeiten – im Rahmen des steuerlich und sozialversicherungsrechtlich Möglichen. Alles andere gibt es bei uns in Deutschland ja schon – über den Arbeitsschutz, Unfallschutz, Versicherung, Haftung von Arbeitsmitteln und nicht zuletzt durch die Regelungen zur Telearbeit. Der gesetzliche Rahmen reicht da im Moment völlig aus. Nur beim Thema Workation könnte man schauen, ob der bürokratische Aufwand gerade bei den Nicht-EU-Staaten und bei der benötigten A1-Bescheinigung nicht zu hoch ist, und nachbessern.
Sie wollen mehr über Ralf Steuer und das Thema Führung zur Mitarbeiterbindung erfahren? Hier geht’s zu unserem Podcast Verbandelt. Ralf Steuer ist seit 2021 Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Personalführung. Zuvor war er Senior Director HR bei der Deutschen Lufthansa. Er blickt auf 30 Jahre Führungserfahrung in Linien- und in Corporate-Funktionen zurück und war davon über 20 Jahre in leitenden HR-Funktionen bei der Lufthansa tätig.
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